Evgeny Kissin


Biographie Evgeny Kissin


Evgeny Kissin
gehört zu den überragenden Musikern seiner Generation. Er wird von Publikum und Kritikern in der ganzen Welt bewundert für sein virtuoses und ausdrucksvolles Spiel und seine Interpretationen. Bei einem Recital des Klavier-Festival Ruhr im Juni 2021 wurde Kissin der Festspielpreis für das Jahr 2020 verliehen. Zu diesem Anlass schrieb der deutsche Kritiker Wolfram Goertz eine Laudatio, in der er die »spektakuläre Ernsthaftigkeit« von Kissins Arbeit rühmte und dem Pianisten ungeachtet der ungeheuer sorgfältigen Vorbereitung seiner Auftritte attestierte: »Das Faszinierende an seiner Kunst ist, dass sie sich die Unmittelbarkeit bewahrt hat.« Angemessenes Lob für einen Künstler, der ständig gefragt ist bei den großen internationalen Orchestern und Dirigenten wie Vladimir Ashkenazy, Daniel Barenboim, Riccardo Muti, Seiji Ozawa und Sir Antonio Pappano.

Evgeny Kissin wurde im Oktober 1971 in Moskau geboren. Begabt mit ganz ungewöhnlicher Musikalität, begann er schon kurz nach seinem zweiten Geburtstag, nach dem Gehör auf dem Klavier zu spielen und zu improvisieren, und bereits vorher war er voller Begeisterung für das Instrument gewesen. Mit sechs Jahren trat er in die Moskauer Gnessin-Schule ein, ein Elite-Institut für junge Musiker. Er erhielt dort Unterricht bei Anna Pavlovna Kantor, die seine einzige Lehrerin blieb. Kissin machte so rasch Fortschritte, dass er mit zehn Jahren erstmals ein großes Werk mit Orchester aufführte: Mozarts Klavierkonzert d-Moll KV 466. Im Jahr darauf gab er sein erstes Recital in Moskau und der internationale Durchbruch erfolgte im März 1984, als er die Klavierkonzerte Nr. 1 und 2 von Chopin im großen Saal des Moskauer Konservatoriums mit dem Moskauer Philharmonischen Orchester unter Leitung von Dmitri Kitayenko spielte.

Die Live-Aufnahmen von Kissins Interpretationen der Chopin-Konzerte, veröffentlicht bei Melodia, bestätigten die musikalische Reife des 12-jährigen Pianisten und machten ihn auch außerhalb der Sowjetunion bekannt. Er trat 1985 erstmals in Osteuropa auf, unternahm im Jahr darauf eine Japantournee und hatte seinen ersten Auftritt in Westeuropa 1987 im Rahmen der Berliner Festspiele. Im Sommer 1988 spielte er Herbert von Karajan vor, der ihn prompt einlud, beim kommenden Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker als Solist des Klavierkonzerts Nr. 1 von Tschaikowsky aufzutreten. Der Mitschnitt der Aufführung, den Deutsche Grammophon 1989 nur wenige Wochen nach Karajans Tod veröffentlichte, fand sofort Anerkennung als Meilenstein in der Aufnahmegeschichte des Werks.

Evgeny Kissin war im Juli 1990 erstmals bei den BBC Proms zu hören und spielte bald darauf bei seinem ersten Auftritt in Nordamerika die beiden Chopin-Konzerte mit den New Yorker Philharmonikern und Zubin Mehta. Im September 1990 eröffnete er die Jubiläumssaison der Carnegie Hall zu deren 100-jährigem Bestehen mit einem sensationellen Debüt-Recital, dessen Mitschnitt außergewöhnlich erfolgreich bei Kritikern und Publikum aufgenommen wurde. In seiner Diskografie finden sich unter anderem ein mit dem Grammy ausgezeichnetes Album mit Solowerken von Skrjabin, Medtner und Strawinsky; sämtliche Klavierkonzerte von Beethoven mit dem London Symphony Orchestra und Sir Colin Davis; Prokofjews Klavierkonzerte Nr. 2 und 3 mit dem Philharmonia Orchestra und Vladimir Ashkenazy, ebenfalls mit einem Grammy ausgezeichnet; sowie Alben mit Solowerken von Brahms, Chopin und Schumann. Hinzu kommt eine Reihe bedeutender früher Aufnahmen für Deutsche Grammophon, darunter von den Kritikern gefeierte Aufführungen mit den Berliner Philharmonikern, Herbert von Karajan und Claudio Abbado.

Im Juni 2017 unterzeichnete Kissin einen Exklusivvertrag mit Deutsche Grammophon. Zum Auftakt der erneuten Partnerschaft veröffentlichte DG im August 2017 ein Doppelalbum mit Live-Aufnahmen von fünf Beethoven-Sonaten und den 32 Variationen in c-Moll WoO80. Sein nächstes Album erschien im April 2019: The New York Concert, in der Carnegie Hall aufgenommen, dokumentiert das letzte der acht Konzerte, die Kissin Anfang 2018 mit dem Emerson String Quartet gab; es stellt Werke von Mozart, Fauré und Dvořák vor.

Das neueste Album des Pianisten ist The Salzburg Recital, das ein höchst ungewöhnliches Programm mit Werken von Berg, Chopin, Gershwin und Khrennikov sowie Zugaben von Chopin, Debussy, Mendelssohn und Kissin selbst bietet. Dieser fast zweistündige Mitschnitt von den Salzburger Festspielen 2021 erscheint im August 2022. Das Album ist dem Andenken von Anna Pavlovna Kantor gewidmet, die am 27. Juli 2021 im Alter von 98 Jahren starb.

Nach seinem überragenden Erfolg bei den Salzburger Festspielen im letzten Sommer begann Kissin seine Saison 2021/22 mit Recitals in Athen und Jerusalem, bevor er dasselbe Programm mit Werken von Bach, Beethoven und Chopin auch in Japan und Südkorea darbot. Seine Welttournee führte ihn durch Europa mit Auftritten in Madrid, Barcelona, Toulouse, Paris, Berlin, Wien und Düsseldorf, im Frühjahr folgten dann Konzerte in Nordamerika. In den USA gehörte er zudem zur Starbesetzung des Concert for Ukraine in der Carnegie Hall. Zurück in Europa gab er noch drei weitere Recitals, bevor er sich der diesjährigen Festspielsaison zuwandte: Zwei besondere Höhepunkte in Salzburg sind ein Solorecital (5. August 2022) und ein Duorecital mit Sir András Schiff (9. August).

Zahlreiche renommierte Auszeichnungen und Preise wurden Evgeny Kissin verliehen. Er erhielt 1991 den Internationalen Preis der Accademia Musicale Chigiana und wurde 1995 der jüngste »Instrumentalist des Jahres« von Musical America. Zwei Jahre später erhielt Kissin für seinen überragenden Beitrag zur russischen Kultur den Triumph-Preis, eine der höchsten kulturellen Auszeichnungen der Russischen Föderation, und gab als erster Pianist seit Gründung des Festivals 1895 ein Solo-Recital bei den BBC Proms. Weitere Ehrungen sind der Schostakowitsch-Preis (2003), die Ehrenmitgliedschaft der Royal Academy of Music in London (2005), der Herbert von Karajan Musikpreis (2005), der Premio Arturo Benedetti Michelangeli (2007) und der Preis des Klavier-Festival Ruhr (2020).

Er erhielt zudem Ehrendoktorwürden der Manhattan School of Music (2001), University of Hong Kong (2009), Hebrew University of Jerusalem (2010), Ben-Gurion University des Negev (2014) und der Nationalen Musikakademie in Bulgarien (2021). Seine Sammlung autobiografischer Schriften, Memoirs and Reflections, erschien 2017. Seine Kompositionen wie die Vier Klavierstücke op. 1 oder Thanatopsis op. 4 für Frauenstimme und Klavier wurden in den letzten Jahren von Henle veröffentlicht.



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