Knuffiger und bodenständiger als etwa das im Modern Jazz wegweisende Vijai Iyer Sextett ist die Band von Jamey Haddad allemal . Alles andere als glatt geschniegelt, sondern vielmehr auch mal ganz schön grobkörnig geben sich die acht Jazz- und Folkmusiker, die Under One Sun aus allen Ecken dieser Welt zusammengekommen sind, um unter wohl südlicher Sonne ihre unterschiedlichen Musikstile zu einem ungewöhnlichen Mix zu verschmelzen, wie er nur, nein, nicht etwa im sonnigen Kalifornien, sondern in der Industriestatt Clevelands zustande kommen kann.
Der Kopf der Band, die Under the Sun zu verantworten hat, ist der Meisterschlagzeuger Jamey Haddad, der seit guten vier Jahrzehnten auf dem Jazz und auf sämtlichen Um- und Abwegen der Musik dieser Welt wandelt. Jamey Haddad arbeitet regelmäßig mit Paul Simon, dem Komponisten Elliot Goldenthal, und dem Saxofonisten Billy Drewes zusammen. Man sagt, dass Jamey Haddad über tausend Schlagzeuge aller Arten beherrscht und spielt. Das klingt einigermaßen übertrieben. Gibt es überhaupt so viele unterschiedlichen Schlagzeuge? Egal, wir lassen das so stehen und nehmen gerne die glaubhaftere Behauptung zur Kenntnis, dass er mit Gruppen aus aller Welt musiziert hat und musiziert, kommen diese aus Palästina, Afghanistan, oder Kanada, wie etwa die unter vielen anderen auf diesem Album zu hörenden Musiker: Ali Amr (Qanun), Salar Nader (Tabla), Michael Ward-Bergeman (Akkordeon), Billy Drewes (Saxofon), Leo Blanco (Piano), Luisito Quintero (Schlagzeug), und Roberto Occhipinti (Kontrabass). So kunterbunt zusammengewürfelt wie diese Musiker sind auch die Musikstücke auf diesem Album:
Home on the Hill: Wie man im Lauf der Titel des Albums lernt: es geht fast nichts ohne Conga. Abgesehen davon erweist sich Home on the Hill als der am stärksten in der westlichen Kultur stehende Titel des ganzen Albums.
Tinker: Indien meets Afrika: Ein entspanntes Beisammensein von Musikern aus unterschiedlichsten Kulturkreisen gebiert exotisch angehauchten Multikulti-Jazz. Kein Wunder, dass der Weltmusik zugetane Paul Simon sich gerne im wieder mit Jamey Haddad zusammentut.
Oh Mattey: Indien meets thechromatisches Accordéon à la Français auf den Champs Elysée in Paris, beschwingt und vielfarbig beschienen von gleisendender Sonne.
Oh Mattey): India meets the chromatic Accordéon à la Français on the Champs Elysée in Paris, and colorful in the colors of the glimmering sun.
Walk Talk, Walked Talked: Reminiszenz an Cannon Ball Adderley. Oder eher John Coltrane? Oder doch Coleman Hawkins? Wer auch immer hier erinnert werden soll, wenn überhaupt, kaum hat er das Sax abgesetzt, schon geht es im Sambaschritt dahin, walking anstatt talking.
Portrait Of: Wessen Portrait ist hier wohl gemeint? Wohl am Ehesten das Portrait einer Fantasiegestalt, die uns mit wunderschöne Soli von unter anderem Bass, Klavier und wortfreiem Gesang derart dicht präsentiert wird, dass es eigentlich gelingen sollte, den Portraitierten oder die Portraitierte zu erkennen.
Excursions Through a Field Of Yellow Daffodils: Dass gelbe Narzissen unter dem chaotisch bunten Treiben alle auf Under One Sun versammelten Instrumente und Stimmen auf einem gedeihen, muss einem ja erst einmal gesagt werden. Sie tun es aber ganz offensichtlich. Vielleicht auch wegen des bekannterweise für gelbe Narzissen wachstumsfördernden hektischen Rhythmus, der das bunte Treiben ziellos vor sich hertreibt.
For Those We've Known: Die ruhig entspannte Gangart dieses Titels tut nach der aufregenden Exkursion durch das Narzissenfeld richtgehend gut. Eigentlich ist dieser Titel auch als Abgesang für das Album geeignet. Allerdings haben wir noch einen, freundicherweise ebenfalls ruhig dahinströmenden Titel vor uns, nämlich das sich um sich selbst kreisende High Above, bevor wir zum Abgesang des Albums, zu Ode to Brigadoon - A Path to All kommen, in dem wir uns in der Welt einer abgeklärten, hymnisch daherkommenden Choral eines der Klassik verbundenen Komponisten wiederfinden, der uns friedvoll in die schnöde, weil musikfreie Welt der einen Sonne entlässt.
Billy Drewes, Saxofon
Michael Ward-Bergeman, Akkordeon
Roberto Occhipinti, Kontrabass
Jamey Haddad, Percussion, Schlagzeug
Patrick Graney, Percussion