Der helle, glitzernde, duftig schwebende Sound des Orchestre de la Suisse Romande, des OSR, wurde durch die genialen Decca-Tontechniker in den fünfziger und sechziger Jahren zum Erkennungszeichen des am Genfer See beheimateten Ensembles stilisiert, das es vom jeweiligen Sound der übrigen von Decca betreuten Ensembles, unter anderem der Wiener Philharmoniker (VPO) mit ihrem dunklen samtigen Sound deutlich abhob. Der Unterschied zwischen dem von Decca jeweils eingefangenen Ensemblesound war derart eklatant, dass ein kurzes Hineinhören in eine Decca-Platte genügte, das OSR oder das VPO zu identifizieren. Der damalige Dirigent und Gründer des OSR, Ernest Ansermet tat durch seinen der Klarheit verpflichteten Interpretationen vor allem des französischen Repertoires und der Musik Strawinskys ein Übriges, die Marke OSR zu formen und zu gestalten. Diese wahrhaft glorreichen Decca-Zeiten haben das OSR geprägt und auch heute noch, nach mehr als fünfzig Jahren und einem personell vollständig verjüngten Ensemble ist der Glanz der Marke OSR unübersehbar, oder besser: nicht zu überhören.
Der ursprünglich glitzernde, duftig schwebende Sound des OSR hat durch die aufnahmetechnische Betreuung durch das Label Pentatone, einem Stern am Himmel digitaler Aufnahmekompetenz, an Substanz und Wärme hinzugewonnen. Dass ein Orchester, und dies trifft nicht nur auf das OSR zu, über Jahrzehnte ursprüngliche klangliche Eigenschaften trotz unvermeidlichem personellen Wechsel beibehält, ist sicherlich eines der Wunder symphonischer Orchesterkultur. Dass dies auf das OSR trotz seiner mit dem Ableben von Ansermet stark schwankenden Historie zutrifft – nicht immer war die Wahl von Orchesterleiter und Management des auch finanziell nicht immer stabilen Ensembles glücklich – , ist wohl ein noch größeres Wunder. Und gerade eben ist das OSR wieder einmal dabei, eine chefdirigentenlose und von instabilem Management gezeichnete Durststrecke zu überwinden, wobei sich am Horizont chefdirigentenmäßig in Gestalt von Jonathan Nott, der in den zurückliegenden 16 Jahren die Bamberger Sinfoniker zu unerhörten Höhenflügen motiviert hatte , bessere, man darf wohl sagen erneut glorreiche Zeiten ankündigen.
Dafür, dass der Sound des OSR und die Stimmung der Truppe in der chefdirigentenlosen Zeit nicht notleiden musste sorgte unter anderem der junge Kazuki Yamada, seines Zeichens Principal Guest Conductor des OSR und neben bedeutenden Engagements in seinem Heimatland Japan in Personalunion Künstlerischer Leiter des Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo. Mit Symphonischem von Roussel, Poulenc und Debussy wandelt Kazuki Yamada voll auf dem romanischen Pfad des ersten Orchesterchefs des OSR Ernest Ansermet. Während dieser die Kompositionen der Franzosen zwar farbig aber relativ nüchtern präsentierte, kommen diese Kompositionen unter der Leitung des Japaners auch emotionell auf Ihre Kosten, ohne ihre spezielle, typisch französische Leichtigkeit einzubüßen. Das OSR ist heute im Vergleich zu Zeiten Ansermets das hörbar präziser agierende Orchester, was im Endeffekt der mitunter schwebenden Leichtigkeit der Stücke auf diesem Album zugutekommt. Auf den Punkt serviert Kazuki Yamada Höhepunkte, ohne sein Pulver im Vornherein zu verschießen.
Man kommt nicht umhin, die Leistung von Orchester, Dirigent und Toningenieuren auf diesem Album als hinreißend zu bezeichnen. Alle Beteiligten können stolz darauf sein, den ursprünglichen, von Decca als Marke stilisierten glitzernden, luftig schwebenden Sound des OSR ins neue Jahrhundert gerettet, und um Substanz und Wärme veredelt zu haben. Der hochauflösende Download tut sein Übriges, um dieses Album im höchsten Maße empfehlenswert zu machen.
Orchestre de la Suisse Romande
Bogdan Zvoristeanu, Konzertmeister
Kazuki Yamada, Dirigent