roduktionen des Labels ECM aus München sind traditionsgemäß etwas Besonderes. Dabei kann man sich darauf verlassen, dass Mittelmäßiges nicht stattfindet. Wer ein ECM-Album erwirbt, kann sicher sein, dass man sowohl künstlerisch wie aufnahmetechnisch nur mit dem Allerbesten versorgt wird. Da man selbst nichts falsch machen kann, wenn man Alben von Künstlern erwirbt, von denen man noch nichts gehört hat, oder Alben mit Musik, die außerhalb des höchst eigenen Musikkosmos liegt, kann es durchaus passieren, dass ECM-Alben die eigenen Sichtwiese auf Musik erweitert. Da tun sich mitunter Aspekte des Musikhörens auf, von denen man nicht einmal geahnt hat, dass sie je auf dem eigenen Bildschirm auftauchen könnten, etwa das eine oder andere Klassikalbum, obwohl man sich sicher war, dass Jazz die einzig wahre Musik ist. Das Kundenvertrauen in ECM ist bemerkenswert hoch. Dasselbe gilt offensichtlich für ECM-Künstler, was man daran sehen kann, dass nicht wenige exklusiv oder zumindest zuverlässig immer wieder auf das Münchner Label, um neue Alben an den Jazz-Klassik- und Weltmusikfan zu bringen. Da muss aber noch mehr sein als pures Vertrauen der Künstler in den guten Ruf des Labels, in die hohe Qualität der Aufnahmen und das offenbar erfolgreiche Marketing. Vermutlich fühlt man sich als Künstler bei ECM gebührend geschätzt und bestens aufgehoben, sonst könnte es zu der hohen Zahl von Alben gar nicht kommen, die nicht wenige Musiker über viele Jahre hinweg im Hause ECM produzieren ließen. Im Falle eines der langjährig an ECM gebundenen Musiker, dem Saxophonisten Trygve Seim ist soeben das achte eigene Album von insgesamt 22 Alben erschienen, auf denen er nicht als Bandleader in Formationen von Musikerkollegen zu hören ist. Damit ist auf ECM der gesamte Schaffenszeitraum des Norwegers von Anfang an bis heute dokumentiert.
Auf dem Album Helsinki Songs präsentiert Trygve Seim sein neu zusammengestelltes Quartett mit dem Pianisten Kristjan Randalu, dem Bassisten Mats Eilertsen und dem Schlagzeuger Markkuu Ounaskari. Er selbst ist auf in den Rainbow Studios in Oslo aufgenommenen Helsinki Songs mit dem Sopran- und dem Altsaxophon zu hören. Wie man hören kann, ist er zurecht stolz auf die für sein Quartett gewonnen Musiker, die seine Vorstellung eines der Metropole Norwegens gewidmeten nordischen Songbook ideal mittragen und kongenial gestalten. Die Grundstimmung der 11 Songs ist mit ihren herbstlichen und winterlichen Stimmungen typisch elegisch angelegt. Stimmungsmäßig befindet sich Trygve Seim mit seinen Mannen der gemeinsamen nordischen Herkunft geschuldet in bester Gesellschaft mit klassischen Komponisten skandinavischer Herkunft, wie etwa Sibelius und des vor zirka einem Jahr verstorbenen Einojuhan Rautavaara. Eine weite Landschaft tut sich wie häufig auch bei Sibelius anzutreffen in „Sol’s Song“ auf, mit dem das Album an Jan Garbareks Saxophon-Ästhetik erinnert, die auf zahlreichen ECM-Alben festgehalten ist. Der „Helsinki Song“ gewährt einen weiteren Blick auf die nordische Einsamkeit spiegelnde Weitläufigkeit lediglich sanft strukturierter norwegischer Landschaft, die sich im zurückhaltenden Rhythmus des Schlagzeugs, der ostinaten Basslinie und im harmonisch ruhig dahinfließenden Klavierspiel spiegelt. Dass die unaufgeregte Existenz in der weiten nordischen Landschaft sich auch im Spirituellen manifestiert, vermittelt das Trygve Seim Quartett in „New Beginning“ und „Sorrow March“, die mit „Katya’s Dream“ in eine pastoral gefärbte Traumwelt überleiten, die nicht weniger stark berührt. Deutlich diesseitiger, wenn auch weiterhin auf nordischem Pfad geht es im musikalisch spannend erzählten „Randulusian Folk Song“ und „Yes Please Both“ zu, nachdem das Quartett den für Mats Eilertsen komponierten „Birthday Song“ in entspannter Atmosphäre und dazu kontrastierend die vom Schlagzeug angefeuerte „Ciaconna Per Embric“ gekonnt abgeliefert haben.
Die Helsinki Songs von und mit Trygve Seim überzeugen mit ihrer überwiegend typisch nordischen Entspanntheit, die dank und dem hochklassigen Zusammenspiel der vier Musiker, die hörbar jeder für sich geniale Meister ihres Fachs sind.
Trygve Seim, Tenor- und Sopransaxophon
Kristjan Randalu, Klavier
Mats Eilertsen, Kontrabass
Markku Ounaskari, Schlagzeug