Ein Debut-Album, das nicht auf eines der Schlachtrösser der Celloliteratur setzt, ist eher selten, erfordet es doch einiges an Mut von den Debutanten. Das Plattenlabel Sono Luminus ist mutig genug, die junge Cellistin Laura Metcalf, begleitet vom nicht minder jungen Pianisten Matei Varga mit Werken vorzustellen, die am Rande des Repertoires für Cello und Klavier angesiedelt sind. Beide Künstler haben sich in der internationalen Klassikszene bereits bestens eingeführt. Laura Metcalf, die in New York zuhause und dafür bekannt ist, bereits zahlreiche Werke erstaufgeführt zu haben, einschließlich solche Werke, die speziell für sie entstanden sind, ist neben Ihrer Solistentätigkeit auch als Cellistin im Stella Pianotrio wie im Cello-Schlagzeugquartet Break of Reality zugange und Mitglied des Streichquintetts Sybarite5. Matei Varga ist unter den Pianisten seiner Generation als Gewinner des Enesco und des Maria Canals Piano Competition nicht bloß ein Shooting Star, dessen Ruhm heutzutage im Handudrehen verblassen kann, sondern bereits ein international beachteter und als seriöser Musiker mit magischer Ausstrahlung geschätzter Solist – so die Einschätzung der Süddeutschen Zeitung. Im Zusammenspiel mit Laura Metcalf beweist Matei Varga auf dem Album First Day, dass er nicht nur ein sehr guter Solist, sondern auch ein formidabler Duopartner ist.
Graciela y Buenos Aires von José Bragato verbreitet, zwischen versonnenen langsamen und wilden Passagen wechselnd, auf kurzer Strecke vielgestaltig und an den Tangorhytmus angelehnt lateinamerikanisches Flair, am Piano rhytmisch flexibel gestaltet und vom Cello duftig und verführerisch inszeniert.
Mit Alberto Ginastera’s Pampeana bleiben wir auf dem südamerikaischen Kontinent, genauer in den Niederungen der Pampa. Dass es dort mit langer Celloeinleitung rhapsodisch zugeht, würde man wohl in Argentinien nicht unbedingt vermuten. Und doch ist dem so, unerfülltes Sehnen, Trauer und Schmerz, von beiden Instrumenten bis ins zart verklingendes Pianissimo und anderseits in lautes Klagen einbindend, und überraschend mit sehr diesseitigem Rasen ausklingend.
Von Südamerika geht es mit Bohuslav Martinůs Variations on a Slovakian Theme flugs quer über den Atlantik mitten in slowakisches Gefilde, genauer in die Welt der tschechischen Volksmusik mit ihrem slawischen Duft und Rhythmus, sehnsuchtsvoll gesungen vom Cello, federnd gestützt vom Klavier und nicht allzufern von den Weiten der ungarischen Puszta.
Von Martinůs Heimat ist es nicht allzuweit bis in George Ensecus Rumänien. Von dessen sehr selten aufgeführter Cellosonate in f-Moll existiert nur ein einziger Satz als handgeschriebenes Manuskript. Komponiert hat Enescu das Werk im Alter von 17 Jahren während seiner Studentenzeit in Paris: eine Kostprobe, ja eine Perle eines Frühvollendeten, vom Cello/Klavierduo Metcalf/Varga liebevoll inszeniert.
Ihrem Ruf als Erstaufführungsguru schuldet es Laura Metcalf dem Hörer, dass das Album First Day auch wenigstens zwei erstmals aufgeführte kurze Stücke als enthält. Caleb Burhams und Dan Visconti, zwei junge Komonisten verantorten Phantasie bzw. Hard-Knock Stomp. Mit dem notwendigen Witz vorgetragen und als Ausgleich für alle, die auf Erstaufführungren weniger stehen gibt es die allseits beliebten und in zahlreichen Besetzungen kursierenden Variationen über “La Folia” von Marin Marais, hier in einer eher unbekannten, schlanken Version für Cello und Klavier.
Angelehnt an die Wiener Charakterstücke des Violinstars Fritz Kreisler hat der Franzose Francis Poulenc Les chemins de l'amour als zarte Liebeserklärung an die unbekannte Angebetete als herzerwärmende Miniatur gestaltet, mit der Laura Metcalf & Matei Varga ihren gemeinsamen Auftritt auf ihrem Duoalbum beenden, fern vom Wiener Schmalz und Schmäh, schlicht geradeheraus präsentiert, mitsamt einem kurzen gesanglichen Einwurf der Cellistin.
Mit First Day belegen Laura Metcalf und Matei Varga eindruckvoll, dass es auch im Rahmen eines Debutalbums überaus spannend sein kann, mutig ausgetretene Pfade zu verlassen, und auf Werke zu setzen, die eher am Rande des Repertoires angesiedelt sind. Voraussetzung dafür, dass ein solches Konzept aufgeht, ist freilich der volle Einsatz der Künstler fürs ausgewählt Randständige, das Herausarbeiten und Präsentieren dessen spezieller Qualität , die sich bestenfalls hinter der Qualität des Mainstream nicht zu verstecken braucht. Laura Metcalf und Matei Varga betätigen sich in diesem Sinne als ausgefuchste Pfadfinder und die Tontechniker des Plattenlabels Sono Luminus leuchten die von ihnen beschrittenen musikalischen Pfade mit klarem, vielfarbigen Klang aus, der es dem Zuhörer leicht macht, auch den kleinsten Kursänderungen der musikalischen Reise durch zwei Kontinente zu folgen.
Laura Metcalf, Cello
Matei Varga, Klavier