Die Nachricht traf mich schwer: Ein Musiker, den ich sehr gerne mag, aus einem Land, das ich sehr gerne mag, taucht an einem Ort, den ich sehr gerne mag, und ertrinkt. Der Nachricht vom plötzliche Tod Esbjörn Svensons erschien mir damals irreal und ist noch immer schwer zu verdauen. Seine Musik, seine Sensibilität, sein Einfallsreichtum waren besonders und die Stimmung, die er gemeinsam mit seinen Jugendfreunden Magnus Öström und Dan Berglund im Esbjörn Svenson Trio, dem e.s.t., erzeugte, war pure Emotion.
Jetzt ist das e.s.t. zurück, zumindest in gewisser Weise. Zum 30. Mal jährte sich 2023 die Gründung des Trios, und Öström und Berglund haben dies zum Anlass genommen, mit befreundeten Musikern bekannte Stücke des e.s.t. neu einzuspielen. Mit anderer Stimmung und ganz anders, als bisher gehört. Doch was ihnen auch gelang, ist, die Textur zu erhalten, so dass man alte Freunde trifft, die einen irgendwie anders bewegen.
e.s.t. 30 ist ein Album, das Erinnern soll, indem es Erinnerung wachruft. Zugleicht wirkt es, als wolle es helfen, die Trauer zu artikulieren und sie musikalisch auszudrücken. Eine sanfte Wehmut zieht sich durch die Stücke, ein melancholischer Grundklang, der Musiker und Zuhörer einander näher bringt und teilhaben lässt.
Die feine Trompete von Verneri Pohjola trägt dazu ebenso bei wie das mal sanfte, mal saftige Tenorsaxophon von Magnus Lindgren. Die E-Gitarre von Ulf Walkenius streut Lichtpunkte ein, und Joel Lyssarides meistert souverän den schwersten Teil – das Klavier zu spielen, feinfingering und klangfreudig.
Besonders markant ist die Rhythmusgruppe, die langgediente: Dan Berglund legt das alles tragende Bassfundament und Magnus Öström steuert mit den Drums einen äußerst feinfühligen Herzschlag bei. So ist jedes Stück eine Überraschung, in der die Noten Erinnerung wecken und zugleich tröstend in die Zukunft weisen.
Akustisch ist e.s.t. 30 natürlich über jeden Zweifel erhaben. Der Klang ist nah und warm, der gelegentliche Applaus der Live-Einspielung lässt die Musik noch intimer von der Bühne strahlen, die gut in einen Jazzclub passen würde, so zum Anfassen hört sich die Aufnahme an.
„Was bleibt, ist Liebe“, schreibt das Label über die Einspielung. Und das stimmt, ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Was ebenso bleibt, ist die Erinnerung, ebenso wie die Zuversicht. Und der Wunsch, dass es nicht enden möge.
Genießen wir also noch ein bisschen die Endlosschleife. (Thomas Semmler, HighResMac)
Magnus Öström, Schlagzeug
Dan Berglund, Kontrabass
Magnus Lindgren, Tenorsaxophon, Flöte
Joel Lyssarides, Klavier
Verneri Pohjola, Trompete
Ulf Wakenius, E-Gitarre