Das hundertjährige Gründungsjubiläum des Cleveland Orchestra war für Sony Classical offenbar Anlass, mit einer CD-Gesamtausgabe der seinerzeit für die amerikanischen Label Columbia und CBS Records produzierten Aufnahmen nachdrücklich an den verstorbenen 1970 verstorbenen großen Orchestererzieher George Szell zu erinnern. Die positive Botschaft für Fans hochaufgelöster Downloads lautet: zumindest ein kleinerer Teil der remasterten Szell-Aufnahmen ist mit den Abtastraten 96 und 192 kHz verfügbar und weitere Aufnahmen mit diesen Abtastraten sollen folgen. Das ist äußerst erfreulich, obwohl man sich im Klaren sein muss, dass technische Unzulänglichkeiten, wie mitunter suboptimal aufgedickt eingefangene Mitten oder aus dem Stereopanorama ausbrechende Holzbläsereinsätze durch das Remastering bestenfalls gemildert sind. Allerdings sind von den LP-Versionen bekannte übertriebene Höhen und unterdrückte Tiefen weitgehend ins Lot gebracht und es gibt auch Aufnahmen aus den sechziger Jahren, denen man ihr Alter nicht anhört, wie etwa die ganz vorzüglich aufgenommene und durch das Remastering endgültig auf heutzutage mögliches Klangniveau gehievte vierte Sinfonie von Gustav Mahler. Und bei allem Kritteln an technisch suboptimalen, bereits historischen Aufnahmen darf nicht vergessen werden, dass genauso wie schon immer, auch heute Aufnahmen auf den Markt kommen, die nicht optimal realisiert worden sind. Zwar ist eine auf der Höhe der Zeit stehende, gelungene Aufnahmetechnik stets wünschenswert und auch erfreulich – worauf es allerdings primär ankommt, ist die künstlerische Leistung, die mit der Aufnahme dokumentiert wird, und in dieser Disziplin sind Aufnahmen mit George Szell und seinem Cleveland Orchestra allererste Sahne und in nicht geringem Umfang im Umfeld der Konkurrenz nach wie vor unübertroffen.
Zu den interpretatorischen Perlen in der auf Columbia/CBS dokumentierten Szell-Diskographie gehört neben der als aufnahmetechnisches Highlight bereits genannten vierten Mahlersinfonie unter anderem die Aufnahme mit sämtlichen slawischen Tänzen Dvoráks. Ebenso wie die Mahler- ist auch die Dvorák-Aufnahme seit gut fünfzig Jahren ein Dauerbrenner des Katalogs. Und das zurecht. Der Dvorák quasi von Geburt her nahe stehende Ungar George Szell, der Ende der dreißiger Jahre Opernchef in Prag war und dort mit Pablo Casals Dvoráks Cellokonzert aufnahm, animiert sein Cleveland Orchestra, das er über ein viertel Jahrhundert leitete und – manche behaupten, als unnachgiebiger Zuchtmeister à la Toscanini – wohl zum besten Ensemble seiner Art formte, zu einer vor Energie und Lebendigkeit strotzenden Wiedergabe, die bei aller Genauigkeit der Ausführung oder gerade deshalb der mitreißenden, farbigen Komposition nichts schuldig bleibt. Das Eliteorchester aus Cleveland liefert mit seiner kammermusikalischen Spielweise und seinem unerreicht homogenen Streichersound Dvoráks böhmisch beschwingte Tänze in Vollendung ab.
Als Fan des Gespanns Szell/Cleveland Orchestra möchte man keine der bereits verfügbaren Aufnahmen im hochaufgelösten Download-Format missen. Vor allem nicht die Brahms-Sinfonien und Strauss‘ Sinfonie Domestica. Sollte Sony Classical auf Wünsche für zukünftige Szell-Veröffentlichen in hochaufgelöstem Download-Format reagieren: Ein absolutes Muss sind die fünf Beethoven- und die beiden Brahms-Klavierkonzerte mit Leon Fleisher und das Konzert für Orchester von Béla Bartók.
The Cleveland Orchestra
George Szell, Dirigent